Corona bestimmt seit März unser Leben. Wie ansteckend ist Corona wirklich und wie unterscheidet sich dieser Virus von andreen? Diese und andere Fragen rund um das neue Coronavirus haben wir uns von Dr. Klaus Becker, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen beantworten lassen.

Wenn jemand in meinem Haushalt positiv getestet wurde – besteht dann überhaupt eine Chance für mich, dass ich mich nicht angesteckt habe?

Durchaus, ja. Menschen sind unterschiedlich empfänglich gegenüber Krankheitserregern. So haben vorerkrankte Personen, insbesondere solche mit Lungenvorerkrankungen oder mit einer geschwächten Abwehr, ein höheres Risiko, sich mit dem Virus anzustecken. Dies betrifft auch Raucher.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Sie bereits immun gegen das Virus sind. Dann hätten Sie schon eine Infektion damit durchgemacht. Viele Personen bemerken das nicht, wenn die Symptome so gering sind. Sie gehen dann davon aus, dass sie eine Erkältung oder ähnliches haben. Somit erklären sich viele Fälle, in denen Familienmitglieder nicht betroffen scheinen – sie entwickeln lediglich keine Beschwerden.

Nun lesen wir überall, dass Covid-19 hochansteckend sein soll. Was bedeutet das? Was unterscheidet es von anderen Viren?

Die meisten Virusinfektionen werden mittels Tröpfcheninfektion übertragen – z.B. durch Anhusten oder Anniesen. Hierbei werden grössere Partikel aus den Atemwegen des Erkrankten auf die Schleimhäute des Gegenübers übertragen. Diese grösseren Partikel sinken schnell auf den Boden und sind dann nicht mehr besonders gefährlich. Die SARS-CoV-2-Viren jedoch werden auch durch kleinere Partikel – die so genannten Aerosole – übertragen. Diese schweben lange in der Luft und entstehen beim ganz normalen Atmen und Sprechen. Sie verbleiben auch auf Oberflächen.

Sie sind der Hauptgrund dafür, dass die Krankheit so hoch infektiös ist.

Was sind weitere Gründe?

Die Inkubationszeit ist ein weiteres Problem. Die meisten infizierten Personen bemerken die ersten Symptome erst nach drei bis fünf Tagen nach einer Infektion. In dieser Zeit haben diese Personen kein Augenmerk darauf gelegt, das Virus nicht weiter zu verbreiten, sich nicht isoliert, oder ähnliches.

Davon abgesehen sagen Schätzungen, dass nur die Hälfte, maximal zwei Drittel der Infizierten überhaupt Symptome entwickeln. Überträger*innen sind sie dennoch - unbemerkt. Nicht nur in dieser Zeit, sondern bis zu zehn Tage nach der Ansteckung oder sogar länger.

In den Medien wird vermehrt darüber gesprochen, dass sich das Krankenhauspersonal zunehmend ansteckt. Ist das fehlender oder schlechter Schutzausrüstung geschuldet?

Nein, keinesfalls. Schutzausrüstung hilft immer, das Risiko zu verringern. Auch selbstgenähte Mund-Nasen-Schutzmasken tragen zumindest dazu bei, die Menge der infektiösen Partikel zu reduzieren. Gleichzeitig kann auch die beste medizinische Schutzmaske jedoch nie das Risiko auf Null setzen. Darüber hinaus muss das medizinische Personal sich nicht im Krankenhaus infizieren – das kann auch im privaten Bereich, ohne Schutzausrüstung passieren.

Herr Dr. Becker, vielen Dank für Ihre Antworten.

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Dr. Klaus Becker ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen. In der Klinik werden Patient*innen mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern behandelt: Erkrankungen des Verdauungstraktes oder des Herz-, Kreislauf- und Gefässsystems; Personen mit Diabetes mellitus oder Tumor- und Krebserkrankungen und Menschen mit Erkrankungen in der Endphase ihres Lebens sowie Patient*innen in der Notfall- und Intensivmedizin. Dr. Becker und sein Team streben mit ihren Patient*innen und zuweisenden Ärzt*innen eine Art "Gesundheits-Partnerschaft" an. Eine umfassende und persönliche Betreuung jeder Person - das ist das Ziel.