«Mein Mann braucht immer mehr Zeit für den Stuhlgang, und die Unterwäsche ist verschmiert. Was können wir dagegen tun?» Ute S., 58 Jahre

Norbert Runkel antwortet:

Es ist nicht selten, dass die Ehefrau auf ein Beckenboden-Problem des Mannes hinweist, denn Frauen wissen, dass der Beckenboden mit dem Alter – insbesondere nach Geburten – nachgibt und schwächer wird. Es sind weniger die Muskeln, die durch Beckenbodengymnastik trainiert und gestärkt werden können, als vielmehr die bindgewebigen Haltsysteme im Becken, die die Organe – Blase, Gebärmutter, Scheide und Enddarm - hochhalten. Lockerungen der Haltebänder bewirken eine Absenkung mit Funktionseinschränkungen für die Blasenentleerung und den Stuhlgang.

Die weibliche Urininkontinenz ist meist eine direkte Folge der Blasensenkung, während beim Mann die Ursache überwiegend in der vergrösserten Prostata liegt. Absenkungen des Enddarms führen zu inkompletten Stuhlentleerungen mit langen und wiederholten Toilettengängen und zu Stuhlschmieren oder gar unwillkürlichem Stuhlverlust in die Wäsche.

Im interdisziplinären Beckenboden-Zentrum werden solche Symptome eingehend abgeklärt. Die Untersuchung mit dem Auge und Finger geben einen ersten Eindruck. Dann folgen die Spiegelung von After und Enddarm und die Endosonographie (Ultraschall). Das wird ergänzt durch gezielte Funktionsanalysen (Manometrie, Uroflow-Messung) und durch Hinzuziehung vom Frauenarzt und Urologen. Gelegentlich sind weiterführende radiologische Untersuchungen notwendig. Mit diesem diagnostischen Rüstzeug kann eine spezifische Ursache gefunden und die gezielte Therapie eingeleitet werden. Wenn eine Operation vorgeschlagen wird, soll diese die anatomischen Verhältnisse korrigieren. Das geschieht meist durch Raffung, Anhebung und Stabilisation der bindegewebigen Haltestrukturen.

Beckenboden-Probleme gibt es also nicht nur bei der Frau – auch Männer können betroffen sein.

Prof. Dr. med.

Norbert Runkel

Chefarzt der Klinik für Chirurgie