Auf einer Weaning-Station werden Patient*innen, die längere Zeit künstlich beatmet wurden, wieder an eine eigenständige Atmung gewöhnt. Seit dem 12.06.2020 ist das Weaning-Zentrum Bremerhaven am AMEOS Klinikum Am Bürgerpark Bremerhaven als einzige Klinik im Nordwesten Deutschlands nach den Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) zertifiziert.

„Verbesserte intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten, zunehmende Begleiterkrankungen und die sich verändernde Altersstruktur der Bevölkerung haben dazu geführt, dass die Zahl an Patient*innen, die maschinell beatmet werden müssen, immer weiter angestiegen ist“, erklärt Dr. med. Hans Jörg Baumann, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Intensiv- und Beatmungsmedizin und Leiter des Weaning-Zentrums. Bei einem Teil dieser Patient*innen gelingt es nach überstandener akuter Erkrankung zunächst nicht, sie innerhalb eines kurzen Zeitraums von der künstlichen Beatmungsmaschine zu entwöhnen (engl. <em>to wean</em>). Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mit einer hohen Zahl von Patient*innen mit akutem Lungenversagen wird deutlich, wie wichtig das Entwöhnen von der Beatmung ist.

Im AMEOS Klinikum Am Bürgerpark Bremerhaven ist bereits 2009 für diese Patient*innen eine Weaning-Einheit eingerichtet worden, angeschlossen an die Intensivstation. Mittlerweile wurden hier über 400 Patienten behandelt. Die nächstgelegenen zertifizierten Zentren befinden sich in Hamburg, Grosshansdorf (Schleswig-Holstein) und Hannover.

„Mit jedem Tag, den die Patient*innen an eine Beatmungsmaschine angeschlossen sind, wird es für sie schwieriger, sich wieder an die eigene Atmung zu gewöhnen“, so Baumann. „Das liegt daran, dass der Körper fortwährend Atem- und Skelettmuskulatur abbaut, die für einen eigenständigen Gebrauch der Lungenfunktion benötigt werden. Die Betroffenen können dann nicht mehr selbst atmen. Sie müssen es erst wieder lernen.“

In der Regel bleiben die Patient*innen 28 Tage im Weaning-Zentrum. Eine Zeit, in der ein erfahrenes Expertenteam bestehend aus Ärzt*innen, Intensivpflegekräften, Atmungs- und Physiotherapeut*innen die Patient*innen ganzheitlich betreut. Kleine Behandlungseinheiten ermöglichen eine individuelle Therapie. Der Körper wird stabilisiert, die Sinne werden mobilisiert und auch die Psyche wird auf vielfältige Weise angesprochen. Dies geschieht visuell mit Bildern, auditiv mit Musik, kinästhetisch durch Krankengymnastik und Massage und olfaktorisch über eine Aroma-Therapie. So werden die Kranken in engem Verbund mit den Angehörigen langsam wieder in das normale Leben zurückgeholt. Für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet das eine deutlich verbesserte Lebensqualität sowie Unabhängigkeit. Eine lebenslange Beatmung über eine Trachealkanüle wird verhindert.

Um eine flächendeckende Versorgung der Betroffenen zu gewährleisten und auf dem Gebiet der Beatmungsmedizin die nötigen Qualitätsstandards zu etablieren, gründete die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) 2009 das Netzwerk WeanNet. Dem Netzwerk zufolge ist das Weaning von langzeitbeatmeten Patient*innen erfolgreicher, wenn neben der medizinischen Kompetenz auch eine entsprechende Struktur- und Prozessqualität vorhanden ist.

Diese Qualität wird durch ein anspruchsvolles Zertifizierungsverfahren sichergestellt. Ziel der Zertifizierung ist, durch klar definierte Strukturen und Prozesse die Versorgungsqualität und das Therapieergebnis bei Patient*innen bei der Entwöhnung von der maschinellen Beatmung zu verbessern und damit die Anzahl der Patient*innen mit Weaningversagen zu senken.

„Um diese Standards für die Öffentlichkeit transparent zu machen, hat die DGP einen umfangreichen Erhebungsbogen entwickelt“, schildert Baumann. „Unsere Struktur- und Prozessqualität wurde anhand strenger Kriterien ermittelt. Beispielsweise mussten wir eine jährliche Mindestzahl von Patient*innen im verlängerten Weaning nachweisen, um zum Zertifizierungsverfahren zugelassen zu werden.“ Durch die erhobenen Kennzahlen wird auch der Vergleich zwischen den Behandlungszentren erleichtert.

 

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